Freitag, 23. September 2011

Ankommen - Teil 3

Eine etwas größere (tote) Kakerlake
So, jetzt reicht es mir: Der Kaffee am Nachmittag in Kombination mit der Partymusik in der Nähe rauben mir jeglichen Schlaf. Und so olfaktorisch empfindlich veranlagt, wie ich bin, der müffelnde Gestank des Polsters hat trotz Intensität noch zu wenig betäubende Wirkung auf mich, sodass ich mich nach zwei Stunden Schlaflosigkeit dazu entscheide, den Polster waschen zu gehen.
Sonst hab ich ja grad nichts zu tun. Ist selten so um 2 Uhr nachts. 

Lushoto Kid
Aufgrund eines Stromausfalls laufen Laptop- und Handyakku im „Grad noch überleben“ Modus dahin, Bücher hab ich nur in Form von Reiseführern mit, die ich schon auswendig kann, im Tagebuch kann ich zwecks fehlender Stromversorgung der Zeitmaschine keine zukünftigen Ereignisse festhalten, die streichelfeste Katze hat auch genug für heute und noch mehr Kiswahilivokabeln gehen aufgrund später Stunde nicht mehr rein ins Hirn. Also: Polster waschen.
Der Wäscheraum ist nicht verschlossen und so walke und würge ich besagtes Duftexemplar im Schein der Stirnlampe.

Auf dem Weg nach Lushoto Towndown
Am Markt kaufe ich zwei neue Decken und handle auch brav. Aber anhand der Größe des Geschäftes, die für den Markt eher ungewöhnlich ist, kann man erkennen, dass der Verkäufer der definitiv bessere Händler ist. Nachdem ich dann auch noch die Matratze wende, riecht mein Bett endlich - nach gar nichts mehr!




Ja, lacht nur, aber es gehört nicht zu den großartigstens Erlebnissen in einem Menschenleben, in der Nacht in einem wahren Duftexplossion aufzuwachen, die entsteht, wenn sich der eigene Schweiß mit den Körperflüssigkeiten von hundert verschiedene - zuvor hier genächtigten - Personen vermengt und durch die Körperwärme verdunstet.
Vorher
Die Kombination  Müll, der sich an den Straßenrändern türmt und hin und wieder mit giftigen Rauchwolken verbrannt wird, Staub, der durch jedes Auto auf den unbefestigten Straßen aufgewirbelt wird und an der Kleidung und den Schuhen klebt und Hitze, die bei kleinsten Bewegungen für Schweißausbrüche sorgt, trägt dazu bei, dass ich mir in meinem Zimmer, in meinem Rückzugsraum etwas Sauberkeit und Ordnung wünsche.
So greife ich zum Putzmittel und schruppe erst mal ordentlich, hänge Fotos auf, schmücke Möbel mit Stoffen und schaffe mir eine kleine Heimat, eine kleine Oase.



Nachher
 
So wenig mir der Schmutz, die Gerüche, der Lärm draußen vor der Tür was ausmachen - sie gehören nun mal auch zu diesem Land – so gut tut es, auf wenigen Quadratmetern nicht darauf achten zu müssen, wo man hinsteigt und woher diese undefinierbaren Düfte, die mich umgeben, nun eigentlich herkommen, da es einfach keine gibt.



Brücke über den Rosminian Tümpel
Ich erkunde das riesige Areal der Rosminias, lerne die Secondary Technical School St. Patrick, deren Lehrer und Schüler kennen und beobachte Liz beim Englisch- und Matheunterricht, besuche die etwas abseitsgelegene Primary School, um mit einem Lehrer ausführlich über Schnee zu philosophieren, wandere mit Rogers, einem Tansanier und der dritte Volontär hier bei den Rosminians zum berühmten Irente View Point und diskutiere mit ihm über Kultur, Beziehungen und AIDS,



Mit Rogers am Irente Viewpoint

kaufe mir ein leckeres Müsli bei der Irente Farm, schaue bei Liz auf einen Kaffee vorbei, quatsche mit den Kitchen Ladies und lass mir ein bisschen Kiswahili beibringen,
spaziere nach Lushoto, um mir von den Standbesitzern die herrlichsten Köstlichkeiten andrehen zu lassen, bewundere die Frauen auf der Straße aufgrund ihrer schönen Kleidung,
 
 
 
Gut besuchtes Volleyball
zähle beim Volleyball spielen auf Kiswahili mit, dusche mich im Kerzenschein, ermorde zwei Moskitos (die einzigen, die mich bisher im Zimmer besucht haben), füttere heimlich die Hostelkatzen und speichere die ersten tansanischen Telefonnummern ins Handy ein.


 

Ja, ich denke, ich bin angekommen!
Reflexionen

1 Kommentar:

  1. angekommen bist dann, wenn du den schimmel nicht mehr wegputzt, da er ohnehin in 3 tagen im gleichen ausmaß wieder da ist :-)

    AntwortenLöschen