Tansania

Tanzania katika moyo wangu – Tansania in meinem Herzen
(um mit meinen wenigen Kiswahilikenntnissen zu prahlen...)

Es wird Zeit, meinen ersten Eintrag in dieser neuen Rubrik zu hinterlassen.

Die Rubrik, der ursprünglich die Gründung dieses Blogs zu verdanken ist, damit Ihr alle - die interessiert daran sind (und die, die nur so tun) – mein „Unterwegs sein“ in Tansania miterleben könnt.
Ein wenig dauert es noch, bis ich im Flugzeug sitze. Um ganz genau zu sein: noch 49 Tage und 15 Stunden. (Stand: 29.7.2011)
Meiner Meinung nach noch viel zu lange. Meinem Gefühl nach noch eine halbe Ewigkeit.
Meinem Herzallerliebsten nach viel zu bald. (Sagt er jedenfalls.)

Hier könnt und sollt Ihr auch ein wenig über die Hintergründe erfahren, warum ich mein heiles Leben hier für mindestens ein halbes Jahr zurücklasse, um in einem Land zu leben, indem die Spinnen dreimal so groß sind, fast alles Essbare grundsätzlich frittiert wird (ich weiß, für manche von Euch wäre das ein Pluspunkt) und Wechselstrom soviel bedeutet wie: einmal Strom, dann wieder kein Strom, dann wieder. Abwechselnd eben.

Hier sollen auch Fragen beantwortet werden, die Euch wahrscheinlich bisher auch schnurzegal waren – bis jetzt, wo Ihr sie lest.


Ein kurzer Rückblick

Inspiriert, für eine etwas längere Zeit als für die eines üblichen Touristenaufenthalts in dem Land meines Herzens (klingt schmalzig, aber doch besser als Niere oder Hirnanhangdrüse) zu verbringen, wurde ich von vielen meiner Studienkolleginnen und –kollegen, die sich ähnliche Aktionen lieferten und zwischen einigen Monaten und mehreren Jahren in afrikanischen Ländern verweil(t)en. Deren Erzählungen und Fotos ließen Bilder in meinem Kopf entstehen und  fachten eine Sehnsucht an, die schon seit Jahren in mir schlummerte und sich langfristig nicht mehr lange hätte unterdrücken lassen: In Afrika zu leben und damit verbunden die Möglichkeit, den Menschen dort vielleicht auch etwas Positives (mit)geben zu können. (Wegen dem leckeren Banana Beer flieg ich bestimmt nicht runter. Nein, ehrlich nicht! Echt jetzt!)
Dafür bedanke ich mich bei Ihnen – ohne es zu wissen, haben sie mir Mut zu diesem Schritt gemacht.

Als dann alles konkreter wurde und ich zu planen begann, bekam ich (und bekomme) viele positive Rückmeldungen von Freunden, Familie und Kollegen. Und der Herzallerliebste, der freiwillig zu Hause bleibt, um Katzenhaare und derer Produzenten zu bewachen, meint seine Androhung des Hausarrests, den er mir gegenüber täglich ausspricht, auch nicht mehr ganz so ernst. (Bis zum Abflug hab ich ihn soweit, dass er die Eisenkugel von der Fußkette abnimmt. Ihr werdet sehen!)

Dass er sich im tiefsten Inneren darauf freut, wenigstens für einige Monate wieder alles dorthin räumen zu können, wo es war bevor ich einzog, ist mir vollkommen bewusst. Aber so hat wenigstens jede(r) was von meiner Zeit in Tansania.
An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an meinen Süßen und an alle anderen, die hinter mir stehen! Jetzt nicht wortwörtlich, aber Ihr wisst schon…


Warum Tansania?

Warum nicht?
Zugegeben, Tansania hat den „Vorschuss“, schon mal von mir besucht worden zu sein. Und in ein Land, in dem es einem gefallen hat – mehr noch – in das man sich verliebt hat, geht man gerne wieder.

Die Vereinigt Republik Tansania ist ein politisch stabiles und demokratisch geführtes Land. So etwas wie Bürgerkriege oder politische Unruhen gibt es seit der Unabhängigkeit 1961 und dem ersten Präsidenten Nyerere nicht mehr. Darauf sind die Tansanier auch sehr stolz.
Zwischen den Religionen Christentum, Islam und Naturreligionen herrscht ein relativ ausgewogenes Gleichgewicht (außer Sansibar: ca. 95% Muslime) und ein akzeptiertes Miteinander.
Dazu kommt noch der sprachliche Vorteil, den ich dort genieße. Englisch ist Amtssprache, Kiswahili als Nationalsprache lerne ich gerade.
Tansania ist im Norden und auf Sansibar touristisch gut erschlossen. Es gibt im ganzen Land ein öffentliches Verkehrsnetz – wenngleich auch quantitativ und qualitativ nicht vergleichbar mit westeuropäischen Ländern. Nur dass die Busse so unpünktlich kommen wie bei uns, darauf ist Verlass!
Nicht zu vergessen sind die vielen bekannten Attraktionen für Touristen, angefangen bei der Insel Sansibar, den großen Nationalparks wie Serengeti, Ngorongoro im Norden und Sealous und Ruaha im Süden, bis hin zum (kaum mehr) schneebedeckten Kilimanjaro.
Und obwohl es statistisch gesehen zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, wurde es bisher aufgrund der geographischen Vorteile (viele Berge mit gemäßigtem Klima und etlichen großen Süßwasserseen) von Dürrekatastrophen verschont.

ABER

Dennoch ist Tansania nicht nur ein afrikanisches Paradies.
Eine hohe Rate an HIV Infektionen und daraus resultierenden Aidswaisen, Kinderprostitution, Folterungen in Gefängnissen, Genitalverstümmelungen bei Frauen, die Ermordung  von Menschen mit Albinismus, Inhaftierungen aufgrund Homosexualität, Todesfälle bei Malariaerkrankungen, fehlende Möglichkeiten Schulbildung zu erhalten und hohe Arbeitslosigkeit stehen an der Tagesordnung.

Genauere Infos gibt’s im CIA World Factbook.


Was werde ich dort genau machen?

Ich werde als sogenannte Volunteer oder Freiwillige arbeiten und in Lushoto in einem Hostel der Rosminians, einer christlichen Ordensgemeinschaft, die gleichzeitig auch etliche Bildungs-, Gesundheits- und Sozialprojekte in der Region Tanga aufgebaut haben, wohnen. (Gleich vorweg: Katholisch brauche ich nicht zu sein!)
In den Bildungsprojekten könnte ich unterrichtend tätig sein, z.B in Englisch, Mathematik (ICH??), Biologie oder in ökonomieählichen Fächern. Aufgrund meiner fehlenden Ausbildung natürlich nur in den Basics.
Im Gesundheitszentrum, das im Einzugsgebiet etlicher Massai Stämme liegt, sind Workshops zum Thema Hygiene, Mütterberatung, Ernährung usw. gefragt.
Das Thema „Aufklärung“ ist natürlich bei den Jugendlichen sehr präsent und in diesem Bereich dürften sich einige Projekte starten lassen. Dass da vieles (zb. Kondome verteilen) aufgrund der Idiotie (nichts anderes ist es!) der katholischen Wichtigtuer und Realitätsverweigerer in Rom „unter der Hand“ laufen wird müssen, ist vorhersehbar, aber ich lass mich mal überraschen.
Anfangs werde ich beobachten, lernen und hoffentlich erkennen, wo es Potential gibt, wo ich mich sinnvoll einbringen kann.

Da es eine Sprachschule in der Stadt gibt, werde ich mir Kiswahili ins Hirn hämmern, bis es dort bleibt und hoffentlich unwichtigen Schmarrn ersetzt. (Genug Platz wäre also vorhanden!)

Und es wäre gelogen, wenn ich nicht zugeben würde, dass ich von meinem Aufenthalt auch profitieren möchte, indem ich die Menschen, deren Leben und das Land kennenlernen und mit Haut und Haaren spüren möchte und ich mich in dieser – so komplett anderen – Welt zurechtzufinden lerne.
Nur das Banana Beer reizt mich gar nicht! Wirklich nicht! Echt jetzt!


Ist es nicht anmaßend, wenn ich dort unten unterrichte, obwohl mir die Ausbildung dazu fehlt?

Ja, das mag sein!
Aber wäre es nicht noch anmaßender, wenn ich so lange in Tansania wohne und am Leben der Tansanier teilhabe und nichts von der Allgemeinbildung, die ich während meiner Ausbildung genießen durfte, weitergebe?
Wissen, das dort nicht selbstverständlich für Jede und Jeden ist. Wissen, das eine Basis sein kann für mehr Bildung, für das Verstehen von Zusammenhängen und damit verbunden ein Grundstein für bessere Lebensbedingungen.

Denn es ist Bildung, die den meisten afrikanischen Ländern fehlt, um sie langfristig aus der Abhängigkeit von korrupten Regierungen, ausbeuterischen Großkonzernen und reichen Spenderländern zu führen. Es ist Bildung, die benötigt wird, um Dürrekatastrophen vorzubeugen oder mit geringen Verlusten zu überstehen.
Keine Frage, Soforthilfe ist gerade in diesen Zeiten unbedingt notwendig. Aber bei dieser alleine darf es nicht bleiben.


Wieviel bekomme ich bezahlt?

Jetzt bekommt Ihr es mal richtig schmalzig:
Mein Lohn werden die Erfahrungen sein, die ich sammeln werde. Schönes, Neues, aber auch Negatives, das ich über mich lernen kann, wenn mein Leben so anders und so weit weg von Gewohntem abläuft und ich vielleicht improvisieren werde müssen, was das Zeug hält.
Meine Bezahlung werden die Beziehungen sein, die ich knüpfen kann und die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, mich in andere Lebens- und Denkweisen hineinzuversetzen können.
Meine Überstundenpauschale könnte – wenn es gut geht – auch das eine oder andere Positive sein, das dort bleibt, wenn ich Tansania wieder verlasse. Sinnvolles Wissen, das „hängen“ bleibt. Freundschaften, die ein Leben lang halten. Erinnerungen an eine Mzungu, die „ok“ war.

Na, könnt Ihr das für Euer Stammbuch verwenden?

Geld bekomme ich keines. Heißt vielleicht deshalb Volontäreinsatz!


Da karenziere ich hier meinen Job, verlasse freiwillig den österreichischen Luxus, um in einem armen Land zu „helfen“ und dann muss ich für Flug, Unterkunft, Verpflegung usw. selbst aufkommen?
Sollten die da unten nicht froh sein, dass ich das mache und mir wenigsten gratis Kost und Logis bieten?

Erste Frage: Ja!
Zweite Frage: Nein!

Und beides ist gut und richtig so!

Das wäre doch sehr verrückt, wenn eine NGO (Nichtregierungsorganisation) viel Geld für mich ausgeben würde, damit ich „dort unten“ vielleicht „was Gutes tu“. Hab ich doch hierfür weder die Kompetenzen, noch die Ausbildung, noch die Zeit, die Tansanier so zu unterstützen, dass sie langfristig gesehen in dem Ausmaß profitieren, dass das investierte Geld wieder „herinnen“ ist, bzw. sich vermehrt hat.
Außerdem gibt es hervorragend ausgebildete Tansanier, die von Fachhochschulen und Universitäten kommen und in ihrem Land viel bewirken könnten. Das Problem liegt in der Bezahlung. Die Löhne sind sehr niedrig und so wandern viele Akademiker und Facharbeiter ab. Oder aber sie finden erst gar keine Anstellung, weil es erst gar nicht die finanziellen Mittel gibt, um sie zu bezahlen, geschweige denn Ausrüstung zu finanzieren.
Also, warum sollte ich Geld bekommen, wenn mit dem gleichen Geld Einheimische angestellt werden könnten?
Warum sollte mir Kost und Logis erstattet werden, wenn Einheimische stattdessen selbst dafür aufkommen müssten? Wäre doch sehr unlogisch!

Und ich sehe es auch von einer anderen Seite:
Was ist, wenn ein Volontär nichts an Unterstützung und bei der Wissensvermittlung beitragen kann? Wenn sie oder er keine sogenannten „positiven Spuren“ hinterlässt?
Selbst dann sollte ihr oder sein Aufenthalt dem Land, der Stadt, der Organsiation etwas „gebracht“ haben, zb. in Form von Miete für die beanspruchte Unterkunft, Entlohnung der Personen, die für den Volontär gekocht, die Wäsche gewaschen, Anleitung geboten haben und den Freiwilligen transportiert haben.

Leider gibt es immer häufiger Organisationen, die Volontäre entsenden, um mit ihnen das große Geld zu machen. Unverständlich hohe Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühren werden verlangt, von denen die betreuende Organisation, die Gasteltern usw. nicht viel sehen.
 



Änderung vom 3.11.2011:


Da es zu Unstimmigkeiten mit meinem Vermittlungsverein gekommen ist, werde ich ihn hier nicht mehr namentlich erwähnen.
Ich rate hier aber allen, die auch einen Volontörseinsatz im Ausland anstreben, ja auf die Qualität des Vereins zu schauen, zu hinterfragen, wie viel Erfahrung der Verein bereits mit Volontären hat und vor allem abzuklären, ob der Verein Methoden anwendet, um schon im Vorhinein genau abzuklären, welche Erwartungen, Fähigkeiten, Wünsche usw. ein zukünftiger Volontär hat.
Ich hab dies auf die leichte Schulter genommen, da mir leider nicht bewußt war, wie wichtig so eine Abklärung ist, um zu vermeiden, im Zielland wertvolle Zeit zu verlieren, weil man (und andere) mit sich selbst nichts anzufangen weiß.
So eine Erruierung mag zwar mühsam und lästig scheinen, da man sich im Vorfeld schon sehr genau mit seinen Wünschen und Vorstellungen auseinandersetzen muß, verhindert aber im Nachhinein große Enttäuschungen.


Habe ich sowas wie Urlaub?

Das ist eine der großen Vorteile des Freiwilligendaseins. Freie Zeit kann ich mir natürlich selbst einteilen. Und das habe ich in akzeptiertem Ausmaß auch vor. Ich bin mir jetzt schon sicher, dass es mir weder in der Arbeit noch in der Freizeit fad werden wird. Und wenn doch, gibt’s immer noch Banana Beer.


Wo genau ist Lushoto und was kann man dort machen?

 Lushoto liegt im Nordosten von Tansania in der Region Tanga. „Eine schöne Region“ werden jetzt vor allem die männlichen Leser unter Euch denken.
Das „Bergdorf“ auf ca. 1500m Höhe hat an die 500.000 Einwohner, ist also gar nicht so klein und weil es so schön in den Usambara Mountains liegt, ist es Ausgangspunkt für viele Wanderrouten. Fast, als wäre es für mich gebaut worden! Damit habe ich auch schon den zweiten Teil der Frage eigentlicht beantwortet.
Weil es so hoch oben liegt, ist es dort auch nicht so heiß und trocken, wie man es sich für ein typisch afrikanisches Land im Allgemeinen vorstellt. So belaufen sich die Temperaturen zwischen 18° nachts und 30° tagsüber.
Und wenn man es dann doch gerne mal wärmer hätte, fährt man in die 3 Std. entfernte Stadt Tanga. Die liegt nämlich direkt am indischen Ozean. Das ist der mit den Palmen, den weißen Sandstränden und dem türkisblauen Wasser. Zwecks Verbildlichung kurz erwähnt!


Wenn Ihr noch Fragen habt, die ich hier vergessen habe (oder hier gar nicht aufscheinen lassen will), so könnt Ihr mir diese gerne mailen: petzionherway@gmail.com