Freitag, 14. Oktober 2011

Wenn der Wein ruft...

… dann folgen wir, zwei Irinnen und eine Österreicherin, dem Ruf!
Und der Ruf ist stark, denn es regnet seit Tagen, ich komme daher zu keinem Powervolleyball, außerdem bin ich etwas unzufrieden mit meiner persönlichen Situation und habe einen Grant auf die schlecht Arbeit der Vermittlungsorganisation, ich hab bald vier Wochen Selbsterfahrungstrip pur hinter mir, eine der beiden Irinnen nimmt grad an einer Pessimismusrundfahrt teil und lässt uns teilhaben und dann einfach nur so. Weil Wein gut schmeckt.




Alkohol ist da ausnahmsweise ein hervorragender Ausgleich für mich. Gleich nach Sport. Und wenn sich beides verbinden lässt – umso besser!
An die Sportjunkies unter Euch: Ich kombiniere, was ich will!
Kelvin
 Kelvin, unser auserkorener Guide vom Tupande Tourist Office, trifft sich mit uns und wir starten unsere Wanderung in Soni, einem kleinen Ort eine halbe Stunde (oder 10 Minuten – je nach psychiatrischem Zustandsbild des Fahrer) Dala Dala Fahrt vor Lushoto.
Es regnet seit einer Stunde nicht und wir wagen zu hoffen. Nachdem wir drei Minuten gehofft haben, beginnt es zu schütten.


Freitagsmarkt in Soni mit (feuchter)
Bekleidung
Aber wir sind vorbereitet, behängen uns mit Plastik und es geht bergauf, zuerst über schlammige Straßen, vorbei an kleinen Häuschen und Standln, Menschen, die uns entgegen kommen, um ihre wenigen Habseligkeiten am Freitagsmarkt von Soni anzubieten, einigen ehemals luxuriösen, jetzt verfallenden Prachtbauten aus der Kolonialzeit und dann hinein in den Wald.






Gatschpartie
Eigentlich durch Anbaugebiet, denn selbst im Wald und an steilen Hängen wird Kaffee, Tee, Tomaten, Kardamon und vieles mehr angebaut. So wechseln sich prächtige, alte Bäume mit Bananenpalmen und riesigen Felsformationen ab, hier und da huscht eine Meerkatze durchs Geäst und die verschiedensten Vögel produzieren verschiedenste Geräusche.


Der Regen geht in ein Nieseln über, Nebel senkt sich und verleiht der ganzen Gegend eine mystische Atmosphäre.
Die Reste des ursprünglichen Urwalds
Gatschpartie 2
Riesenbambus und ich
Auf den nassen, schlammigen Wegen gestaltet sich das Vorwärts- und Aufwärtskommen als wahre Rutschpartie, macht aber Spaß. Wir alle sind mit Schnaufen beschäftigt und vorhin genannte Person kann nicht mehr so viel jammern, wie sie will und meine innere Anspannung legt sich schön langsam, sodass ich genießen und staunen kann.
Es ist unglaublich schwül und ich habe die Wahl zwischen Regenjacke anziehen, darunter schwitzen und feucht werden oder keine Regenjacke anziehen und durch den Regen feucht werden.


 
Regenfeste Kleinmenschen
Nach gut zwei Stunden Fußweg stoßen wir wieder auf eine „Straße“ und ein kleines Dorf. Dort müssen wir erst Mal Unterschlupf suchen, denn es schüttet, was das Zeug hält.




Tansanische Märchenwald-
stimmung
Der Spuk ist nach 20 Minuten vorbei und nun geht es auf einer kaum befahrenen und befahrbaren Straße zwischen Tee-, Eukalyptus- und Chininbaumplantagen (aus deren Rinde Chinin gewonnen wird) leicht bergauf und bergab weiter, bis wir auf einen unnatürlichen - weil Bäume in Reihen gepflanzt – Wald stoßen. Durch diesen führt uns der Weg zum Sakharani Wineyard, dem einzigen weinherstellenden Betrieb in den Usambara Bergen.


Hier wurde schon viel
Schindluder betrieben

Kelvin erzählt uns, dass die Regierung die Menschen sogar dazu auffordert, den ursprünglichen Urwald abzuholzen, um diverse Baumplantagen zur schnellen Holz- oder andere Produktgewinnung anzupflanzen. Manche der eingeführten Baumsorten verhindern das Wachstum anderer Pflanzen, andere entziehen dem Boden so viele Nährstoffe, dass der Boden nach Jahren nicht mehr zu gebrauchen ist und brach liegt, bis er sich nach Jahrzehnten wieder erholt - wenn die Erde nicht durch die Regenfälle davongespült wurde.




Nachhaltigkeit ist nicht bekannt. Wichtig ist hier nur, dass die Menschen jetzt genügend Holz haben oder Produkte verkaufen können, die Geld einbringen.

Teeplantagen

Das ganze Areal gehört den Benediktinern und wird von einem bayrischen Missionar geführt, der vor Jahrzehnten hierher ausgewandert ist.


Das Anwesen der Benediktiner
Produziert wird ein leichter Weißwein und ein Portwein (den ich schon gut kenne). Die „Normalrotweinproduktion“ wurde eingestellt, weil kein Markt dafür vorhanden war. Laut Bruder Celestin (der Bayer) trinken nur wenige Tansanier Wein und wenn, dann muss er – so wie alle Getränke hier – süß sein.
 
 
Farbenspiele

Wir unterstützen die verbliebene Produktion und kaufen gleich ein paar Flaschen ein (und somit dem Ruf folgen), während Kelvin mit Sambosas (gefüllten Teigtaschen), Chabatti (Maisfladen) und einem selbstgemachten Avocadoaufstrich ein hervorragendes Lunch richtet. Der Regen hat zwar aufgehört, aber wir frösteln alle, weil die gesamte Kleidung eine Feuchtigkeitsversammlung abhält. Wir beteiligen uns an dem Meeting, indem wir auch den Weißwein einladen, der die inneren Angelegenheiten übernehmen soll.
Beim „Abstieg“ entlang der Hauptstraße nach Soni zeigt sich dann doch die Sonne und wir büßen für unsere Alkoholbedarfsdeckung. Die Flaschen am Rücken plus Hitze tun ihresgleichen, um unser Wohlbefinden zu unterstützen.
Oft hält nur Farbe
alles zusammen
Da wir in Soni dringenden Körperflüssigkeitsentleerungsbedarf haben und Soni nicht bekannt für seine Einkehrmöglichkeiten ist, verzichten wir auf eine Shoppingtour am Freitagsmarkt und bekommen noch Platz – bzw. so etwas, für das es noch kein Wort gibt – in einem Dodschi Dodschi. Ein Dodschi Dodschi ist eine kleinere Version eines Dala Dalas. Bei den Fahrern hat sich aber bisher noch nicht herumgesprochen, dass in einem Miniauto nicht gleich viele Leute wie in einem Dala Dala Platz haben und so teilen wir uns zu siebzehnt einen Achtsitzer. Nur mein Rucksack auf meinem Schoß verhindert, dass noch eine achzehnte Person quer über unsere Knie gelegt wird.
Soni Dachlandschaft
Alles in allem geht es sehr kuschlig, geruchsintensiv und rasant – was auf Bergstraßen besonders viel Spaß macht – zurück nach Lushoto.
Wir erreichen glücklich und erschöpft unsere Zimmer. Mit Wein im Rucksack und dem Wissen, ihn hart erkämpft zu haben.
Prost!

2 Kommentare:

  1. wie sieht es eigentlich mit tee in/aus deiner gegend aus? die bergerln wären ja eigentlich hoch genug, um einen akzeptablen tee hervorzubringen.

    AntwortenLöschen
  2. sorry, hab das teephoto nicht als solches identifiziert ... und wie schmeckt er, der tee?

    AntwortenLöschen