Samstag, 21. Mai 2011

Ein Drittel Null Fünf durch Sechs - Mein Weitwanderweg von Leoben bis Eibiswald

Oder: Warum ich mich nicht selbst fand

Über diesen Post
Hier werdet Ihr keine genaue Tourenbeschreibung mit Höhenmeterangaben und Detailbeschreibungen über die Einrichtung der Hütten erfahren, sondern einen Erlebnis- und Erfahrungsbericht vorfinden, in dem ich Euch mit meinen schrägen Gedanken, Philosophien und Gefühle, die man als Alleinwanderin zwangsläufig hin und wieder mal hat, beglücke.
So gibt’s hier einiges zu lachen, zu hinterfragen, zu beklagen, nachzudenken und zu widersprechen.
Ich machte dies sechs Tage lang durch - jetzt könnt Ihr Euch wenigstens auch mal "kurz" hinsetzen und mitmachen!


Wie alles begann
Als ich mich 2008 auf die Suche nach einem geeigneten Urlaubsziel für  meinen extrem wanderbegeisterten Herzallerliebsten und mich machte, stieß ich das erste Mal auf die österreichischen Weitwanderwege. Klar, von den Graz – Mariazell Pilgern hatte ich schon gewusst, ist dies doch Am Dam Des Wissen, aber dass es Spazierwege quer durch Österreich gibt, obwohl man über Autobahnen schneller ans „ Ziel“ kommt, war mir neu.
In weiterer Folge erfuhr ich von den Europäischen Fernwanderwegen und war kurz davor, von Triest nach Monaco zu marschieren, entschied mich aber dann doch dafür, ein klein wenig sanfter zu beginnen:
Leoben – Eibiswald also!

Als wir 2010 von Graz nach Mariazell gingen, entdeckte ich erst, wie sehr mir tägliche Zehn-Stunden-Hatsche, brennenden Fußsohlen und nach Rahmtilsiter duftende Socken gefielen. Gleichzeitig wollte ich aber so egoistisch sein, dies alles beim nächsten Weitwanderweg für mich alleine zu haben.
Gehen zu können, so schnell ich will, Pausen zu machen, wann und wo ich sie brauche, Werbemelodien laut vor mich hersingen zu können und dabei nur von Entgegenkommenden als Freak betrachtet zu werden und gleich ein paar Meter neben dem Weg Körperflüssigkeit los zu werden und nicht - so wie beim Mehrpersonenwandern - im tiefsten Gebüsch mit Brennnessel – Popo – Kontakt etwas Privatsphäre zu finden.
Genau das ist es, was ich will und das finde ich auf dem geländetechnisch recht harmlosen letzten Drittel des 05ers - des "Nord-Süd-Weitwanderwegs".

Morgenimpressionen am ersten Tag
Der 1. Tag oder „Man kann nicht nur erfrieren, sondern auch erstinken!“
Leoben – Mugel – Hochalm – Fensterlegge – Carl Hermann Notunterkunft
25 Km, 10 Std. unterwegs (immer inkl. Pausen)

Es ist soweit, der Wecker läutet um 4:30 und mein Lieblingsbettnachbar freut sich wie verrückt, dass er wieder mal an einem Samstag so lange ausschlafen kann. Ich belästige ihn nur kurz – hab ich doch alle Utensilien schon brav gepackt im Vorzimmer stehen. Nur ein Plastiksackerl halt ich zurück, in das ich blöderweise ausgerechnet im Schlafzimmer ein paar Mal reinschauen muss.

Um 5:10 kommt das Taxi. Öffibusfahrer wollen schließlich auch mal ausschlafen. Hybridleise schwebt es mich zum Bahnhof. Meine Begeisterung springt auf den Fahrer über und er hält sich penibel genau an die Geschwindigkeitsbegrenzung. Nur für mich leise fahren!
Der Zug bringt mich nach Leoben und da steh ich nun. Keinen blassen Schimmer, wie ich jetzt durch die Stadt zu meinem Start des  Wanderweges komme. Na, wenigstens die Himmelsrichtung ist mir bekannt und ich treff ziemlich haargenau und kerzengerade auf den 05er.

Blick auf das Hochschwabgebiet
Warm ists und nach geschafften 50 Höhenmeter wandern die unteren Teile der Zipp off Wanderhose in den Rucksack und bleiben dort. Freie Fahrt für Zecken. Es genügt, wenn ich mich bergauf plage!
In heißen und zwischendurch steilen 1000 Höhenmeter geht’s auf den ersten Berg, die „Mugel“. Dort steht das riesige, neu erbaute Schutzhaus – manche sagen Seminarhotel dazu – das aber geschlossen hat. Einen Tag vor meiner Ankunft wurde der Besitzer eingesperrt, wegen Betrugs oder so, meint ein Mountainbiker.
Ist mir reichlich schnurz, ich will dort ja eh nicht lang bleiben, so schön ist es hier auch nicht! Außerdem nähern sich bedrohliche, schwarze Wolken von rechts und wie ich zum Trasattel absteige, schüttet es auch schon und zum ersten von gefühlten 375 Mal bekommt der Rucksack, sowie die Fototasche ein Verhüterli übergestülpt und ich bedecke mein Funktionsplastikleiberl mit einer angeblich atmungsaktiven, wasserdichten Funktionsplastikjacke.
So funktionieren wir drei eingehüllten Dings uns hervorragend den einen Hang hinunter und den anderen hinauf. Gottseidank scheint bald wieder die Sonne und ich fühl mich wie ein – von Jamie Oliver im Plastiksackerl mariniertes Hendlbrustfilet – ich dünste in meinen eigenen Säften, nur leider riechts nicht so lecker.

Unterschlupf als Gourmettempel
Sicherheitshalber hab ich meine Haut dann doch wieder an die Frischluft gelassen und als ich die Jacke und sonstiges Regenschutzzeug im Rucksack verstaut hab, donnert es mal kurz demonstrativ in der Entfernung.
Die „Hochalm“ kann ich nicht so ganz genießen, denn bei dem sich rasch nähernden Gewitter bin ich dann doch nicht ganz so gern im baumlosen Gelände.
Als das Gewitter über mich drüber zieht, hab ich Unterschlupf in einer leeren Garage neben einem Forsthaus gefunden und jausne erst mal gemütlich einen Teil meines mitgebrachten Abendessens : Dinkelteigware an Frühlingsgemüsesugo mit einem Hauch Balkonbasilikum, serviert in edler Tupperdose.

 Der gröbste Regen ist vorbei, jetzt sondert der Wald und die Wiesen Dunstschwaden ab, die das etwas moorige Gelände in ein wundervoll mystisches Tal verwandeln. Bei einem Bach füll ich meine Wasservorräte auf, denn bis auf eine Quelle in der Nähe meines Nachtquartiers soll es dann länger keine Möglichkeit der H2O Sammlung mehr geben.

Ich hab seit einigen Stunden keine humanoide Lebensform mehr gesehen und rechne gerade gar nicht mit größeren, sich bewegenden Lebewesen, als plötzlich zwei Gemsen vor mir aus dem Wald treten. Aber auch sie dürften schon länger nicht auf eine humanoide Lebensform gestoßen sein und nachdem sie sich über meinen Anblick nicht ganz so freuen, wie ich mich über ihren, bleibt das Treffen ein kurzes.

After the rain

Jetzt führt der ca. 20 cm schmale  – scheinbar selten begangenen – Weg  lange Zeit durch Heidelbeerstrauchfelder und in kürzester Zeit sind meine Beine waschelnass. Nachdem das Gravitationsgesetz auch für Wasser gilt, fließt eben genanntes an meinen nackten Wadeln runter. Als ich bei meinem Nachtquartier, der Carl Herman Notunterkunft ankomme, brauch ich keine Quelle mehr. Die Socken haben zwischenzeitlich gefühlte zehn Liter aufgesogen und die runzligen Zehen darin lassen vermuten, dass mein Körper nicht mehr zu nur 98% aus Wasser besteht, sondern die 105% Marke bereits überschritten hat.

Mein – beim OeAV ausgeborgter – Notunterkunftsschlüssel sperrt und ich begutachte das Quartier. Es besteht aus Lagern für sechs bis acht Personen, auf denen es sogar Decken und Pölster gibt, einer Bank und ca. zwei m2 Bewegungsfläche. Was brauch man auch mehr, wenn man ganz alleine ist. Und ich bin irgendwie sehr froh darüber, hier alleine zu sein, über den heutigen Tag nachdenken und mir die Zeit bis zum Schlafengehen selbst einteilen zu können. Und nach diesem ersten Tag bin ich auch recht erschöpft – gerade richtig, um alleine auf engem Raum gut zu schlafen.
Das Nuk-Buch verrät mir, dass hier durchschnittlich nur einmal pro Woche jemand nächtigt. Ist ja auch eine Notunterkunft! Also wirklich nur für so leistungsschwache Wanderinnen und Wanderer wie mich, die die zirka 54 km (!!!) bis zum Gleinalmschutzhaus nicht an einem Tag schaffen.

Ich mach es mir gemütlich, lass meine Socken in der Abendsonne – Ja, wirklich! Sonne! – trocknen, esse meine restlichen Nudeln, genieße die Ruhe, streif mit der Kamera umher und schreib ein bisschen Tagebuch, als da plötzlich der liebe Hartmut vor mir steht und verkündet, dass er mit mir die Nuk teilen werde. Soll mir recht sein – ich hab mich auf den oberen Lagern ausgebreitet und er kann es sich ja unten gemütlich machen.
Ja, der Hartmut ist schätzungsweise so an die 70 Jahre alt und hat demnach schon viel erlebt in seinem Leben. Warum soll ich nicht auch dran teilhaben?
Der Hartmut hat außerdem sechs Kinder. Auch die haben schon ein gewisses Alter erreicht und demnach auch schon viel durchgemacht.
Als ich die Lebensgeschichte seiner ersten Tochter einigermaßen genau kennengelernt habe, geht die Sonne gerade unter. Während ich die Lebensgeschichte seiner zweiten Tochter erfahre, putze ich mir die Zähne, zieh mich um, häng ich Wäsche auf und richte meinen Schlafsack und kuschel mich mal rein. Kurz vor Beginn seiner Erzählungen über sein 4.Kind gebe ich ihm zu verstehen, dass ich jetzt dann vorhabe, zu schlafen.
Hatte ich vor.
Der liebe Hartmut ist leider schneller im Land der Träume als ich (viel reden ermüdet schließlich auch) und bleibt dort auch lange alleine, denn ich starre ins Dunkel und wälze mich rhytmisch zu seinen Schnarchgeräuschen im Schlafsack hin und her. Meine Schnalz- und Räuspervorträge fruchten anfangs noch kurz, aber nach ein paar Stunden reichts mir dann und ich mache so lange Lärm mit meinen Sigg Flaschen, bis der liebe, laute Hartmut aufwacht. Auch ich habe ein Recht auf selbsterzeugten Lärm! Ab da ist es ruhig und ich komm doch noch zu meinen vier Stunden Schlaf.
Oder falle ich endgültig betäubt in Ohnmacht?
Anmerkung: Hartmut ist seit einer Woche unterwegs und hat nur ein Paar Wandersocken….

Petzis philosophischer Ausreißer des Tages:
Für alles und jeden offen sein ist gut. Keine Frage! Dann erlebt man mehr, sieht man mehr, fühlt man mehr. Offenheit ist das beste Wässerchen gegen Vorurteile.
Aber muss man immer offen sein? Gibt es nicht Situationen oder Menschen, von denen man absolut gar nichts mitnehmen kann? Nichts lernen kann? Wo man auch nicht das Gefühl hat, sie wollen oder brauchen was von mir und ich bin vielleicht nur eine ihrer „Abladestationen“?
Gespräche, die mich zumüllen mit Informationen, aber ohne Inhalt?
Mundduftfrische                    Almfarben                      Gleinalm voraus

Der 2. Tag oder „Ein Tag wie ein Leben“
Carl Hermann Notunterkunft – Fensteralm – Eiblkogel – Speikkogel – Gleinalmschutzhaus – Roßbachalm – Oskar Schauer Sattelhaus
24 km, 9 Std. unterwegs

Ich bin nun im Almgebiet der Gleinalpe unterwegs und nachträglich betrachtet, auf der Etappe, die mir am Besten gefiel. Landschaftlich und meteorologisch und gefühlsmäßig.

Hartmut ist in die entgegengesetzte Richtung weitergezogen und ich sitze in der warmen sieben Uhr Morgensonne auf der Fensteralm, frühstücke und erledige dort auch gleich die Morgentoilette und fühle mich so befreit wie schon lange nicht mehr. Ist auch nicht schwer nach dieser Nacht und diesen Socken.

Apropos Socken:  Ein bisschen Offenheit ist vielleicht nicht so schlecht. Hartmut hat mir doch was mitgegeben auf den Weg: Wenn die Wanderschuhe innen und die Socken nass sind, dann ziehe man dieselben auch am nächsten Tag wieder an! Weiser Hartmut!

Beim Weitergehen bemerke ich, dass ich durch und durch glücklich bin. So glücklich, dass mir fast die Tränen in die Augen schießen.  Ich verkneif es mir nochmal, würde ich doch sonst die herrliche Landschaft nicht sehen können. Ganz zu schweigen vom Schock, dem ich dem Wanderer, den ich bald treffe, verursachen würde. „Nein, nein, alles in Ordnung *schnief*, mir gehts hervorragend und das macht mich fertig...“

Gleinalmtunnel und Gamssch***
zu meinen Füßen
Seinem Blick nach zu urteilen hält mich der Typ für etwas "eigen", als er mich dabei ertappt, wie ich meine Schuhe fotografiere. Naja, eigentlich den Boden unter meinen Schuhen, aber das ist für Außenstehende nicht so klar zu unterscheiden.
Ich steh nämlich gerade auf dem Gleinalmtunnel. Genauer gesagt ein paar hundert Meter darüber, aber egal. Gehört trotzdem für die Nachwelt festgehalten!

Es geht auf und ab über mehrere Kogel, manchmal brennt die Sonne runter, manchmal bläst ein kühler Wind. Beim Aufstieg auf den 1988 m hohen Speikkogel der Gleinalm treffe ich ein nettes Grazer Ehepaar und wir quatschen und schnaufen gemeinschaftlich dahin. Kurz vorm Gipfel drehen sie dann um, denn in der letzten Stunde haben sich von Westen her immer mehr graue Wolken genähert, die nicht Jederpersons Sache sind.
Ich verharre nur kurz am Gipfel, denn der eisige Wind und der drohende Regen sind nicht sehr einladend. Außerdem leuchtet das Gleinalmschutzhaus und die Kirche „Maria Schnee“ so schön weiß hinauf zu mir.

Gleinalmschutzhaus und Kircherl vor
Roßbachalm und -kogel
Eigentlich wollte ich nur etwas trinken und meine Knie nach den steilen 400 Höhenmeter hinunter beruhigen, aber das Gulasch vom Nebentisch ruft förmlich meinen Namen und bevor ich dem Gast dort etwas Schlimmes antue, bestell ich mir selbst eines.
Was sich als schlimmer Fehler erweist, denn als ich nach der kurzen Rast weiterwandere, habe ich 200 Höhenmeter hinauf zur Roßbachalm vor mir, was den Spätzle in meinem Bauch gar nicht recht ist. Die wollen lieber runter und machen sich schwer. Und mit auch die Beine und Kopf und da jetzt alles in mir mit „Verdauen“ beschäftigt ist, fehlt die Energie fürs Bergaufgehen.
Ich bin ganz froh, dass ich immer wieder stehen bleiben muss, um die Regenjacke an und auszuziehen, denn die Sonne wechselt sich mit Regen und Wind im Minutentakt ab. Auf der fast baumlosen Roßbachalm schüttet es annähernd vertikal von links auf mich drauf, während mir von rechts die Sonne einen Sonnenbrand auf Wadl malt.
Aber das alles ist mir in dem Moment gleichgültig, als die riesige Wolke neben mir, die sich gerade mit Feuchtigkeit ins Nachbartal übergibt, plötzlich auch Geräusche produziert. Nur einmal sehr laut, aber es reicht aus, um mir einen Riesenschreck zu versetzen. Nicht mal vorm Herrn Präsidenten hab ich so viel Respekt wie vor einem Gewitter in den Bergen, noch dazu im freien Gelände.
Panikartig überleg ich schon, wohin ich meine Stecken und anschließend mich werfen soll, warte dann aber ab und beobachte. Die Wolke bleibt, wo sie ist und sie bleibt auch ruhig. Halbseitig nass, halbseitig gut durchgebraten rasen ich und mein Herz runter von dieser Alm.
Keine halbe Stunde später tut am Himmel wieder jeder so, als wenn nie etwas passiert wär und ich wandere im schönsten Sonnenschein die Forststraße entlang zum Oskar Schauer Sattelhaus, dem Ziel meiner Tagesetappe.

Oskar Schauer Sattelhaus
Ich bin der einzige Nächtigungsgast und bekomme ein hübsches Zimmerl zugewiesen.
Der Stromgenerator wird wegen mir nicht gestartet - was absolut verständlich ist - aber eine laaange heiße Dusche erwartet mich.
Es stellt sich heraus, das Hartmut vor zwei Nächten hier war und das erste Mal nach fünf Tagen geduscht haben soll – so laut Geruchssinn der Hüttenwirtin. Innerlich knie ich mich vor dem Hüttenwirtspaar nieder und verneige mich dankbar. Man stelle sich vor, Hartmut hätte stattdessen wieder im Zelt übernachtet und wäre danach zur Notunterkunft gekommen…
Lisi, die Hüttenwirtin (übrigens Tochter der Besitzerin meiner morgigen Unterkunft, dem Salzstieglhaus) kocht mir ein hervorragendes Abendessen, Daniel heizt extra für mich und meine handgewaschene Wäsche den Kachelofen in der Gaststube ein und so sitzen wir einige Zeit beisammen und unterhalten uns angenehm.
Die beiden haben voriges Jahr das heruntergewirtschaftete Haus gepachtet und trotz vieler Widrigkeiten ordentlich renoviert und herausgeputzt und bemühen sich mit viel Enthusiasmus um ihre Gäste. Ich fühl mich jedenfalls pudelwohl hier!

Petzis philosophischer Ausreißer des Tages:
Eine wahre Palette an unterschiedlichsten Gefühlen in kurzer Zeit. Tiefes Glücksempfinden in einem Moment, Angst ums eigene Leben im nächsten.
Regen von der einen Seite, Sonne von der anderen.
Beschwingte Leichtigkeit und Freiheit und dann der Kampf gegen den inneren Schweinehund.
Morgens Abschied von Personen, die kaum Spuren hinterlassen und abends eine herzliche Aufnahme in das Haus und das Leben von Menschen, die einem viel Wärme mitgeben, nicht nur in Form von Kaminfeuer.
Ein Tag wie ein Leben!
Der 3. Tag oder „Sechs Tage sind nicht sechs Wochen sind nicht sechs Monate“
Oskar Schauer Sattelhaus – Turneralm – Gaberl – Altes Almhaus – Salzstieglhaus
21 km, 7 ½ Std. unterwegs

Wo geht's denn weiter?
Vorbei ist es mit der Ruhe auf der Alm. Man merkt den Montag und dass nicht alle Leute - so wie ich -Urlaub haben. Die Motorsägen heizen durch das Holz und die Holztransporter über die Forststraßen.
Es ist bewölkt, kühl  und der Weg führt meist durch gerodeten Wald ohne Fernsicht, was das Ganze noch trübsinniger macht.

Irgendwie passt das alles zu meiner Stimmung:
Ich bin „angrührt“!
Lange keine Wegmakierung – Tränenfluss AN! Blödes Wetter – fehlende Frustrationsschoki vermissen AN! Forstarbeiter, die mir blöd nachstarren – Unfreundlichkeitsverbalisationgerät AN! Über einige blöde Exbeziehungen nachdenken – WutundSelbstmitleidserzeugungsprogramm AN! Über die Zukunft und meinen geplanten Auslandsaufenthalt nachdenken – Traurigkeitsmodulationsmodulator AN! (Die Liste sei hier unbegrenzt weiterzuführen!)

Heute lass ich zu, darüber nachzudenken, weshalb ich das hier mache: Diese Weitwanderung ist unter anderem auch ein Test für meine geplante Via de la Plata (der Jakobsweg von Sevilla bis Santiago de Compostela) Begehung nächstes Jahr. Was ich an Kleidung brauche, was ich unnötig mit mir herumtrage, wieviele Kilometer ich mir täglich zutraue, usw.
Aber ich sehe sie auch als Probe, um zu ergründen, wie ich mich alleine schlagen werde. Nicht, dass es so neu für mich wäre, alleine in der Weltgeschichte herumzugondeln, doch die Spaniendurchquerung und zuvor mein geplanter sechsmonatige Tansaniaaufenthalt sind doch Zeiträume, in denen ich alleine – ohne Partner, ohne beste Freundin und nur mit wenigen möglichen oder geplanten Kontaktaufnahmen mit "Daheim" – zurechtkommen muss, ja eigentlich will.
Ich kenn mich, ich weiß, dass das schon klar gehen wird. Ich weiß, dass es Phasen des Heimwehs, der Sehnsucht, der Frustration und des Aufgebenwollens gibt und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese "überleben" werde.
Aber heute macht mir das alles schon ein wenig Angst und lässt mich an meinen Plänen zweifeln. Heute ist so eine "Phase".
Doch es ist ja nur eine Probe und bei Proben darf man noch schummeln: Für heute Nachmittag beim Salzstieglhaus hat sich der Liebste angekündigt. Insgeheim weiß ich ja, dass er hauptsächlich wegen dem leckeren Schweinsbraten dort vorbeikommt, aber was kümmern mich seine Gründe? Hauptsache, er riecht gut, bringt Frustschoki mit und hat ein Baumwoll T-shirt an, dass ich vollschniefen kann. Man kann sich schon mit Kleinigkeiten zufrieden geben!

Der Weg vom Gaberl zum Alten Almhaus wird nicht schöner: Mehr oder weniger Straßenhatsch, Müll am Wegesrand und Autoverkehr. Wenigstens scheint kurz die Sonne, um dann einem 15minütigen Regenguss (natürlich genau die 15 Minuten vor meiner Ankunft beim Salzstieglhaus) Platz zu machen. Ja super Natur! Gibs mir! Heute ist es ideal!
frisch geschlüpftes Kuhbaby
Es ist 14 Uhr 30 als ich eintreffe, der Herzallerliebste kreuzt inzwischen mit dem Motorrad noch in Kärnten auf der Suche nach einer Tankstelle herum und ich nehme mal eine heiße Dusche. Frisch duftend sitze ich vor „meiner“ Hütte (ich bin die Einzige im Lager, nur im anderen Haus hat sich eine Gruppe Mariazellpilger eingenistet) in der Sonne und erledige den Papierkram: Tagebuch belästigen, den nächsten Tag detailliert planen usw.
Dann ist er da, der Süße und bringt sich, Schoki und ein Geo zum Lesen mit.
Ihr werdet es nicht glauben und darum sag ich es Euch jetzt: Lesestoff ist unheimlich wichtig, wenn man allein unterwegs ist! Nie ohne Buchstaben außer Haus gehen! Ohne Schoki sowieso nicht, aber das brauch ich Euch nicht zu sagen!
Die Welt ist wieder in Ordnung und ich habe physische, hormonelle, mentale und psychische Kraft getankt.
An diesen Platz gehört hier auch ein gaaaanz großes DANKESCHÖN an meinem Liebsten!

Übrigens, der Schweinsbraten war dann gar nicht so gut.

Petzis philosophischer Ausreißer des Tages:
Sich ALLEINE zu fühlen gehört nicht unbedingt zu den schwierigsten Unterfangen, wenn man alleine ist und lässt sich wahrlich schwer vermeiden.
Aber dazu, dass man sich EINSAM fühlt - oder nicht fühlt - kann man eine ganze Menge selbst beitragen.


Hirschegger Alm

Der 4. Tag oder „Achtung! Frau allein am Berg!“
Salzstieglhaus – Peterer Sattel –Hirschegger Alm – Pack – Hebalm
27 km, 8 ½ Std. unterwegs

„Ganz alleine unterwegs? Du traust Dich was!“
Eine oft gehörte Aussage anderer Wanderer mir gegenüber.
Was ist denn am „alleine Gehen“ eigentlich so gefährlich?
Klar, ich kann auf den Kopf fallen und bewusstlos in der Gegend herum liegen und niemand ist da, um mich zu retten. Aber das kann mir alleine daheim auch passieren.
Im Nebel verirren? Funktioniert natürlich, aber für solche Fälle hat Frau ihr Garmin mit Topo und einen Kompass mit, den Alpinen Notruf im Handy eingespeichert, eine Aludecke, warme Kleidung, eine Notration und diverse Signalmöglichkeiten mit. Und sie weiß ja ca., wo sie sich befindet und ob es im nächsten Tal ein Örtchen gibt, zu dem sie absteigen kann.
Von bösen, wilden Tieren angebissen zu werden? Das kann einer Gruppe auch passieren! Und mal ehrlich: Wer freut sich nicht über Naherlebnisse mit der Natur? Na also!
Vom Blitz getroffen zu werden? Ich bin ja keine Expertin und habe auch keine Statistiken im allwissenden Google studiert, aber ich rate mal, dass die Wahrscheinlichkeit eines Blitzeinschlags in eine Gruppe etwas höher ist, als in eine einzelne Person. (Ich geh mal davon aus, dass Wandergruppen bei Gewitter im Gebirge grundsätzlich Menschenpyramiden bilden. Das ist doch so üblich, oder?)

Ich sehe inzwischen eher die Risiken, die das Wandern in einer Gruppe mit sich bringt: Mit Blödsinn zu Tode gequatscht oder in tiefste Depressionen gejammert zu werden! (Hier gehört angemerkt, dass ich eben Erwähntes selbst nie erleben musste, da ich bisher immer mit großartigen Wanderkolleginnen und -kollegen unterwegs war!)
Schnähfelder am Weg

Meine liebste Aussage - eine Aussage, die mich noch den ganzen Tag beschäftigen sollte - ist die einer Pilgerin am Frühstücksbuffet heute: „Also als Frau würd ich nicht alleine wandern gehen. Was man da so alles liest….“
Da ich mein Nutellabrot in Ruhe genießen will, frage ich nicht nach, was genau sie denn da so gelesen habe.

So malte ich mir auf meiner traumhaft schönen Wanderung über die Hirschegger Alm (das zweite Highlight nach der Gleinalm) folgende tragische Schlagzeilen aus:
„Wieder eine hilflose Frau am Berg überfallen. Ihr wurde das Plastiksackerl mit der gesamten Schmutzwäsche sowie zwei Energieriegel entrissen. Die Täter konnten Tage später aufgrund hinterlassener Sohlenabdrücke in Kuhfladen überführt werden.“
„Frau an Harnsäurevergiftung qualvoll verendet. Da sie schon seit Tagen ohne Freundinnen, mit denen sie zusammen auf die Toilette gehen konnte, unterwegs war, konnte die 32 jährige Susi A. das Klo nicht aufsuchen…“
„Wieder ein Alleinwanderin vor Erschöpfung zusammengebrochen. Aufgrund der Last ihres Schminkköfferchens und dem Gewicht ihrer sieben Paar Schuhe, die die 45 jährige Maria M. aus Graz mit auf den Berg schleppte, erreichte sie ihr Etappenziel nicht….“
Blick zurück auf den Peterer Riegel
und Salzstiegl Windrad
Und erst die ganzen Triebtäter hier oben!
Ja, als Frau alleine am Berg lebt es sich schon gefährlich!

Zum ersten Mal in meinem Leben begegne ich einem leibhaftigen Wegmarkierer und erlebe ihn mit seinen roten und weißen Farbkübelchen in Action. Bei seinem Anblick kann ich mir gerade noch verkneifen, vor ihm ehrfürchtig auf die Knie zu fallen und ihm mit Lobeshymnen zu huldigen. Was gut ist, denn so bleibt er stehen und wechselt ein paar nette Worte mit mir. Hätte ich gesungen – ich weiß nicht…
Da sind sie also, die wahren Helden des Alltags!

Auf der Pack angekommen gönne ich mir eine ordentliche Portion Kaffee und Kuchen und Sonne auf der Terrasse vom Barbarahaus. Meine Kondition wird immer besser und ich unterschreite bereits angekündigte Wegzeiten und so würde ich keine zwei Stunden mehr bis zur Hebalm brauchen.

So schön und kaum beschritten der Weg zwischen der Pack und der Hebalm auch ist, die Autobahnbrücke, an der man entlang gehen muss, trägt nicht gerade zur Visualisierung von unberührten Naturoasen bei.
Aber kaum sind die Autos "im Berg", funktioniert das sogar mit geschlossenen Augen hervorragend. Die Ameise in der Unterhose hilft dabei natürlich auch mit.

Auf der Hebalm gönnt man mir im GH Fichtenhof ein dunkles, kaltes Kellerzimmer. Ich will ja schließlich billig nächtigen. Die Einrichtung, die Temperatur und das Ambiente versprechen einen besonders günstigen Aufenthalt. Aber der Wirt ist freundlich und schaltet die Heizung an und ich vermute, dass ihm diese Aktion teurer kommt, als wenn er mir gleich ein Zimmer mit großen Fenstern im ersten Stock, das allein schon von der Sonne gewärmt wird, zum gleichen Preis gegeben hätte.
Dafür ist der Haustoast exzellent und als einziger Gast kann ich mir das schönste Sonnenplätzchen mit Blick auf die Bundesstraße für die Kalorienaufnahme aussuchen.

Petzis philosophischer Ausreißer des Tages:
Alleine in den Bergen unterwegs zu sein birgt gewisse Risiken. In der Früh zum Bäcker zu gehen und dabei eine Straße zu überqueren ist riskant. Daheim vorm Fernseher zu sitzen ist langfristig für Gesundheit und Hirn gefährlich.
Entscheidungen selbst zu treffen ist hochriskant. Entscheidungen anderer zuzustimmen oder diese abzulehnen birgt Risiken.
Leben IST Risiko! Also beruhigt Euch wieder!


Der 5. Tag oder "Die Reise nach Mordor"
Hebalm – Handalm – Weinebene – Großer Speikkogel – Schwanberger Brendlhütte
32 km, 8 ½ Std. unterwegs

Das Frühstück lässt – nach den kulinarischen Genüssen der letzten Tage – zu wünschen übrig und ich lerne, dass trockenes, hartes Brot mit viel Butter auch nicht besser schmeckt. Aber immerhin gleitet es sanft den Hals hinunter - ohne innere Verletzungen zu verursachen.

Ich mach, dass ich davon komme und starte um 6 Uhr 30 mit Hirschtalg in den Zehenzwischenräumen und Sonne am Haupt.
Mein innerer Schweinehund Rolfi ist längst über alle Berge und meine beste Freundin namens Kondi speedet mit mir kreuz und quer durch den warm erleuchteten Wald und über Almwiesen.


Die Radaranlagen von Mordor
 Es scheint wieder ein heißer und fast wolkenloser Tag zu werden – bis ich kurz vorm Abstieg zur Weinebene einen ersten, nahen Blick auf den Koralmspeik werfe. Ausgerechnet rund um den Gipfel hat sich eine feindlich wirkende Gang von dunklen Wolken angesammelt.
Mein Highlight, mein sehnsüchtig erwarteter Gipfelsieg präsentiert sich mir auf einmal so undankbar! Zieht da vorne tatsächlich ein Unwetter auf? Ausgerechnet jetzt, wo ich da rauf will - eigentlich muss - um an mein Etappenziel zu gelangen? Heute, als ich mir einen Gipfelsieg im strahlenden Sonnenschein, mit guter Fernsicht und tiefen Tiefblick ja wirklich verdient habe? Schicksalsberg Großer Speikkogel?
Ich schluck mal kurz, raffe meinen Ärger unterm Arm zusammen und schreite stur nach Mordor weiter...

Einzelne Wanderer auf der Weinebene schauen mich etwas entgeistert an, als ich auf die dunkle Wand zugehe, aber niemand wagt etwas zu sagen. Wahrscheinlich sehen sie den Blick in meinen Augen und wissen: ein ausgesprochener, dezenter Zweifel, ein gut gemeinter Tipp und sie erleben ihr Wienerschnitzel nicht mehr.


Weg ins Weiß


Beim Erklimmen der steilen „Hühnerstütze“ verliere ich den 2140 m hohen Gipfel und seine dunklen Machenschaften aus den Augen. Als ich ihn wieder vor mir sehen sollte, ist er plötzlich weg! Der gesamte Gipfel mit Radaranlagen verschwunden! In einer weißen Anhäufung namens Nebel.
Irgendwann lade ich zu einer Diskussionsrunde, was denn nun in den Bergen ungemütlicher sei – schwarze Wolken oder weißer Nebel? – doch für hier sei kurz festgehalten, dass mir der Nebel grad genauso am Allerwertesten vorbeigeht, wie die Wolken zuvor.

Bei einer Fernsicht von ca. 10 m und feuchter Kälte, die mir unter die Kleidung kriecht, hält mich nichts länger auf dem Gipfel und ich steige Richtung Schwanberger Brendlhütte ab. Ich vermute mal, dass diese Wanderung über die Almen mit den vielen Felsöfen und dem Rundumblick unter anderen Bedingungen sehr schön sein dürfte, ich aber stapfe im Nebel dahin und hab dann auch noch mit ziemlich hartnäckigen Regen zu tun.

Gruppenfoto am Großen Speikkogel          Dorthin könnte man überall sehen
Irgendwann bin ich erstens unter der Nebelgrenze und zweitens weit genug vom Gipfel weg, so dass sich schon fast wieder diese warme Heliumkugel hinter den Wolken hervor wagt.
Die Kramerin
Leicht abfallend geht’s vorbei an der „Kramerin“ -  eine aus vielen einzelnen Steinen errichtete Gedenkstätte - zu meinem letzten Nachtquartier.

In der Brendlhütte bin ich diesmal nicht nur die einzige Nächtigende, sondern auch die allererste in dieser Saison. Und weil die Chefin erst heute so richtig „durchstartet“, darf ich bei ihr in der Küche mit dem großen, warmen Tischherd sitzen, während sie mir frische Gröschtl zubereitet.
Sie erzählt viel von den letzten 10 Jahren als Hüttenpächterin und der immensen Arbeit, die dieser Job mit sich bringt. So ganz nebenher führt sie mit ihrem Gatten auch noch eine Landwirtschaft mit Tieren, aber ihre Leidenschaft scheint das Kochen für die Hüttengäste zu sein. An manchen Tagen bereitet sie an die tausend Mahlzeiten zu. Ich erfahre im Laufe des Nachmittags und Abends noch einiges über die richtige Zubereitung diverser Schnitzel, Knödel, Strudel und Suppeneinlagen.
Man merkt ihr die dicke Haut, die sie über die Jahre bekommen hat, an.  Dennoch ist dieser „Job“ ihr Leben und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in nächster Zeit mal ruhig daheim sitzen kann oder gar will.

Ein noch nicht perfekter Plank ;-)
Da der späte Nachmittag wieder richtig schön wird und aufklart und ich ausgeruht, gesättigt und gewärmt bin, spaziere ich noch auf der Alm umher, kraxel auf Felsöfen herum, verrenke mich „modern dance like“ auf der Suche nach ein bisschen Handyempfang und übe mich noch ein wenig im Planking. Heute habe ich schließlich wirklich wenig Bewegung gemacht!

Gegen 21 Uhr verkrieche ich mich mit einer mit heissem Wasser gefüllten Siggflasche, die mir als Wärmflaschenersatz die Zehen verbrennen soll, ins Bett und schlafe bald ein – mein letzter Blick wandert in einen wolkenfreien, sternengefüllten Nachthimmel.

Petzis philosophischer Ausreißer des Tages:
Menschen, die länger alleine sind, sollen ja angeblich schrullig werden.  Aber wie schauts mit dem Aberglauben aus? Wird man abergläubischer, weil man nur mit sich alleine beschäftigt ist und Zeit für "solche" Ideen hat? Oder bringen es intensive Naturbegegnungen mit sich, dass man sich als Teil von ihr, bzw. ihr untergeordnet und somit mitverursachend fühlt - worauf ja viele sogenannten "Naturreligionen" auch begründet sind. 
Ich ertappe mich immer öfter dabei, wie ich die Entstehung naturwissenschaftlicher Phänomene aufgrund meines Verhaltens zu erklären versuche:
Weil ich die Jacke ausgezogen hab, bläst jetzt ein kalter Wind. Weil ich die Jacke angezogen hab, scheint die Sonne wieder. Und verdammt, wo gibt’s hier Holz, auf das ich klopfen kann?

Schwanberger Brendlhütte

Der 6. Tag oder "Ver(w)irrung im Tal"
Schwanberger Brendlhütte – St. Oswald ob Eibiswald – Eibiswald
22 km, 6 ¼ Std. unterwegs – normalerweise!
ich: ca 28 km, 7 ¾ Std. unterwegs

Beim Frühstücken sitze ich vor der Hütte in der Sonne. Auf 1566 m Seehöhe. Um 6 Uhr 30 in der Früh!
Die Chefin schaut drauf, dass ich auf dem Weg ins Tal noch genügend Speck auf den Hüften mit nehme und tischt ordentlich auf.
Nach meinem Start sperrt sie die Hütte zu. Sie habe in der Landwirtschaft noch einiges zu tun und die nächsten Nächtigungsgäste würde sie erst am Wochenende erwarten.

Holunderplantage

Der sanft abfallende Weg durch den Wald, manchmal auf der Straße, vorbei an Gehöften, Weiden und Holunderplantagen verspricht gemütlich zu werden. Ich rechne bei meinem – inzwischen recht rasanten – Marschtempo mit einer Ankunft um 13 Uhr 30 in Eibiswald, einer anschließenden Eisverkostung, dann Heimfahrt mit der Bahn…
Jaja, ich und rechnen. So wie Angelina Jolie und schauspielen: Funktioniert irgendwie nicht.

Dabei kann ich beim ersten Mal, als ich versehentlich vom Weg abkomme, gar nichts dafür. Stehen da auf einmal Pferde vor mir und ich muss fotografieren. Wer kann denn ahnen, dass der Weg hinter den Pferden vorbei verläuft?
Den Anschluss finde ich schnell wieder, was beim zweiten Mal nicht mehr der Fall ist. Ich bin nur mehr 1 ½ Std. von Eibiswald entfernt, als ich gar nicht merke, dass ich den 05er verlassen habe. Der Weg führt schon einige Zeit auf einer Asphaltstraße durch die Hügeln, ist selten markiert und nicht besonders attraktiv. So trotte ich gedankenverloren dahin und verpasse anscheinend eine wichtige Abzweigung hinein in den Wald.
In einem Ort, in den ich nicht wollte, in einem Tal, in das ich nicht wollte, versuche ich zuerst instinktiv einen Weg zurück zu meinem Weitwanderweg zu finden. Als dieses Unterfangen nicht fruchtet, greife ich (das einzige Mal) auf mein GPS zurück und schlage mich querfeldein und bergauf wieder zurück zum 05er. Ausgerechnet heute gibt’s kein Wölkchen am Himmel, die Sonne heizt lustig drauflos und ich darf Asphaltmeilen zurücklegen. Wo sind Nebel und Regen, wenn man sie braucht?

Und dann ist sie da, die Megacity Eibiswald. Für die letzten hundert Meter hinunter wünsch ich mir vom Christkind eine Rolltreppe, aber da grad nicht Weihnachten ist, schaut es schlecht für mich aus.
Im Ort gibt’s dann ein kurzes Kuschelstündchen mit dem Schlussstein des 05ers, ich bekomme mein Eis und nach einer kurzen Busfahrt zum Bahnhof in Wies, steige ich in den Zug. Zwei Stunden später als geplant, abgekämpft, verschwitzt und erschöpft. Aber so hab ich wenigstens die Ehre und Freude auf meiner Seite, mit betrunkenen Fußballfans, die zu irgendeiner Meisterfeier fahren, zu reisen.
Genau das, was ich heute noch brauche!
Wildes Geknutsche in Eibiswald
Petzis philsophischer Ausreißer des Tages:
Wenn Du glaubst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.
(He, in meinem Blog darf ich sowas!)
Zum Schluss
Jetzt hätt ich fast darauf vergessen, Euch zu beantworten, warum ich mich nicht selbst fand.
Ganz einfach: Ich hatte mich eh immer mit dabei!


1 Kommentar:

  1. Danke fuer den aussergewoehnlichen Bericht, der mir sehr gut gefallen hat. Gratulation zur erfolgreichen Wanderung trotz des widrigen Wetters.

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