Montag, 13. Juni 2011

Gratwanderung auf den Grazer Hausbergen - Eine Grad-Wanderung

Pfingstmontag ist es und ich hab das ganze Wochenende eifrigst nichts getan. So eifrig, dass ich erst heute merke, dass die Welt - naja - die Wohnung auch aus 1m70 betrachtet werden kann.
Diese neue Erkenntnis (und das Wissen, dass ich bereits am Nachmittags meinen holden Körper von innen mit Elternkaffee und -kuchen auspolstern werde) verleiten mich dazu, mich hinauszubewegen um ganz Graz von oben zu entdecken. Nicht aus 1m70 Höhe, sondern von den Gebirgsgipfeln aus, die Graz so umgeben.
Mein Versuch, mit den Öffis an einem Feiertag nach Straßgang zu kommen gleicht dem Vorhaben, wochentags um 15:30 noch eine zuständige Stelle im Magistrat telefonisch zu erreichen: Eher minimaler Erfolg, aber doch nicht ganz unmöglich!



Innerstätdische Kuhweide
So begegne ich am Jakominiplatz einer intellektuellen Gruppe noch unausgereifter zukünftiger Steuerzahler, die mein ganzes Jugendsprachverständnis mit der Verdoppelung des aussagekräftigen Wortes "Oida" komplett über den Haufen werfen.
"Oida" in jedem Satz einmalig eingebaut, bzw. einmal am Anfang und einmal am Ende der doch drei bis fünfwörtrigen Sätze - kein Problem, ganz klar verständlich, was die Jugend da an Emotion und Wissenswertes einfließen lassen will. Aber "Oida Oida" im Satz? Vielleicht noch alleine stehend, so ohne Vor- und Nachspiel? Das ist selbst mir in meinem ausgeschlafenen, senkrechten Zustand zu überwältigend.

Schließlich erklimme ich einen Bus, der mich zum Straßganger Bad bringt. Ein paar fußballtrainingbesuchende Zehnjährige mit Migrationshintergrund diskutieren angeregt über die Fleischmenge in einem McDonirgendwasburgers und deren Einfluss auf die Gesundheit und meine Welt ist wieder in Ordnung.


Blick auf Wetzelsdorf und Schlossberg
Schweren Herzens verlasse ich den Bus und schlage mich am Katzelbach in den Wald. Unmarkierte Wege mit unmarkierten Zecken drauf führen mich über den ruhigen, morgendlichen Kehlberg auf den Buchkogel.
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Der sonnige, warme Tag lockt die - sich stark vermehrende - Spezies der Nordic Walker aus ihren Bauten und so marschieren wir gemeinsam dahin.
Vom Buchkogel gehts weiter Richtung St.Johann und Paul und das großzügig ausgelegte Wegenetz verhilft mir zu einer der besten Konversationen, die ich je mit einer anderen Person hatte.
Man stelle sich diese wie folgt vor:
Ich bleibe an einer unmarkierten Weggabelung stehen und überlege kurz, ob ich nach rechts oder links gehen soll. Von hinten nähert sich eine Nordic Walkerin und ruft schon von weiten: "Links müssens gehen!" Ich drehe mich um und sage etwas verdutzt: "Aber Sie wissen ja gar nicht, wo ich hin will!" Daraufhin sie zu mir: "Ja, wo wollens denn hin?" Da ich ja gerade deswegen stehengeblieben bin, um genau über diese Frage nachzudenken, auf die ich aber noch immer keine Antwort hatte, gab ich zu: "Das weiß ich ja selber nicht!" Daraufhin sie, während sie an mir vorbeimarschiert: "Na, dann müssens links weitergehen!"

Die Baumhausarchitektur bei Graz ist nichts anderes
als die Architektur in Graz:
Praktisch, wohnlich, großzügig
Eh klar!

Ich gehe dann übrigens links!

Bei St. Johann und Paul tummeln sich schon einige Autoanreisefans. Wie sollen die denn sonst so hoch raufkommen? Gibt ja schließlich keine Gondelbahn!

Ich schreite hinab zur Steinbergstraße, überquere diese unter Fast-Lebensgefahr und wandere einige hundert Meter auf einer Seitenstraße entlang Richtung Thal, bevor der Weg wieder links in den Wald am Gaisberg abbiegt.
Hier ist kaum was los, hin und wieder begegnen mir ein paar Spaziergänger und ich erinnere mich an einen Geocache, den ich hier vor einigen Jahren mit einer Freundin mühsam und dornenzerschunden gefunden hab (und noch immer nicht geloggt habe). Das waren Zeiten!
Heute finde ich massenhaft Walderdbeeren und die ersten Himbeeren und so komm ich nur recht langsam vorwärts.

Begegnungen der anderen Art
Dieses kleine Wegelein auf den Plabutsch bin ich dafür noch nie gegangen und ganz begeistert, dass es auf diesem Massenansturmhügel noch solche unentdeckten Stellen gibt.
Vom Fürstenstand aus erblicke ich zum ersten Mal in der Ferne die für heute angesagten Schlechtwetterwolken, die laut Wetterlady schon seit zwei Stunden böses Nass auf mich herunterwerfen sollte.
Ich gebe die letzen 40 Cent, die ich bei mir habe, für die Anzahlung eines Toilettenbesuchs im Heurigen aus. Die Wirtsleute mögen mir verzeihen, dass ich ihnen nicht den ganzen geforderten Euro hinterließ. Dafür lasse ich die Hände nach dem Waschen lufttrocknen. Ich will ja nicht, dass die wegen mir Pleite gehen!
(Übrigens: Verlassen hab ich die Wohnung heute morgen mit Geld für eine 24 Stunden Öffis Karte - und 40 Cent.)

St. Veit, das Dorf in der Stadt
Vom Fürstenstand aus ist es dann nur mehr ein kleiner "Run" runter nach Gösting. Ich laufe wirklich, hatte ich doch noch soviel Energie zu verschleudern, die Hände gehörten auch im Rennwind getrocknet und steil ists auch und ich keine Bremsen mit.
In Gösting selbst vertreibe ich mir die Zeit mit Auf-den-Bus-warten mit Vor-mich-hinschwitzen. Inzwischen ist es Mittag und der Sommer meldet sich.
Im Bus gibt es keine interessanten Fleischgespräche zu belauschen und sogar die Ticketkontrolleure fahren eine Runde so mit und schweigen sich dabei in die entgegengesetzte Richtung an.


Die wurden wohl von
den Löwen hier gefressen.
Da ja an einem Feiertag nicht alle Busse dort fahren, wo ich sie gerne hätte, muß ich drei Stationen laufen, um dann noch die zwei letzten Stationen mit einem anderen Öffi heimzukommen. Aber irgendwie geht es doch und ich dufte nachmittags frisch geduscht beim Elternkaffeekränzchen.

Nachtrag für alle Statistikfreaks: Ich habe von Straßgang bis nach Gösting inklusive kleiner Foto- und Erdbeerpausen ca. 3Std.45 gebraucht - ungefähr die Zeit, die man an einem Feiertag auch für die Öffis von Straßgang nach Gösting einrechnen muss.

1 Kommentar:

  1. Witziger Bericht! Und ja, die Öffis sind manchmal wirklich für a & f.

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